:: User Stories - IRoN ::


Wie alles begann...

Jetzt werde ich euch mal schreiben, wie ich zur DFÜ- und zur Mailboxszene gekommen bin, wie die Crazy Paradise entstand und was man da alles so erlebte :)

Also mit dem Computer fing es schon früh an... natürlich mit dem guten alten C64, den sich damals mein Bruder gekauft hatte. Mit Floppy und Datasette. Man muß dazu sagen, dass er keinen Schimmer von der Kiste hatte, sich aber, da er 6 Jahre älter war als ich, mehr leisten konnte. Also kaufte er sich die Kiste und konnste eigentlich nichts damit anfangen. Ich sollte ihm helfen. Seine damalige Freundin hätte fast der Schlag getroffen, als von Quelle die Rechnung kam - zusammen mit dem 24-Monate-Ratenvertrag. Das Ende vom Lied war, dass meine Eltern ihm den Computer abkauften, um den Hausfrieden wieder herzustellen. So kam er zu mir!

Nun hatte ich also einen C64.. und habe gespielt. Ein Freund im Haus hatte einen Akkustikkoppler - der Geier wußte, was das war, wir jedenfalls hatten keine Ahnung! Er hatte ebenfalls einen großen Bruder - mehr muss ich dazu wohl nicht sagen :) Nun, er hatte mal zugesehen, was man damit macht und hat es mir gezeigt. Ich war hin und weg!

Daten austauschen... cool, dachte ich damals. So etwas hatte mich schon immer fasziniert, aber ich hatte keine Ahnung, wie man etwas sinnvolles damit anstellen konnte. Der einzige "sinnvolle" Zweck, den ich meinem C64 damals gab, war der einer Art Zugangssystem. Ich hatte damals meinen Eltern jeweils eine Diskette gegeben, auf denen ich gespeichert hatte, wer es war und wann er das letzte Mal in mein Zimmer wollte. Das Floppy stand draußen vor meiner Zimmertür. Jeder, der hinein wollte, musste erst die Diskette einschieben. :)

Damit hatte es sich auch für eine lange Zeit. Mich packte eher das Fieber, eigene Demos zu programmieren. Als ich 1990 in eine eigene Wohnung zog, kaufte ich mir einen Amiga 500. Mit meinem Freund Holgi hatten wir des Öfteren das Thema "Modem" am Wickel. Ich fragte ihn, ob man damit Spiele hin und her schieben konnte und er meinte: Klar! Er hatte nicht die Spur eines Schimmers, wie das funktionieren sollte, aber überzeugend war es trotzdem. Ich durchstöberte die Zweite Hand und suchte nach einem Modem. Uff! Dachte ich - da gibt es ja verschiedene. Und irgendwie tauchten die mit der Zahl "2400" am häufigsten auf. Die müssen ja dann ganz gut sein, dachte ich mir, und kaufte mir eines. Mit Holgi fuhr ich zum Verkäufer und holte das Modem ab. So etwas hatten wir vorher noch nie gesehen! Es war ein Discovery 2400 und es wechselte für 100 DM den Besitzer.

Nichts wie ab nach Hause! Kabel eingestöpselt. Ran an den Amiga. Eingeschaltet und... Nix! Absolut nichts. Derselbe Startbildschirm wie immer. Hmm, kaputt? Kein Einloggen? Ich war ratlos. Holgi meinte, dass auf der Workbench-Diskette vielleicht ein Programm für ein Modem sei. Aber waren da nicht schon Spiele drauf? Eingelegt, nachgesehen - nein! Sehr gut! Doch noch immer sahen wir nichts mit "einloggen" oder dergleichen! Schließlich fiel Holgi ein, dass er jemanden kannte, der sich damit bestimmt auskennt. Der hatte eine Mailbox! Mit schiefem Kopf sah ich ihn an: Mail-Was?!

Er hies GiRi und war Sysop der Twilight Zone. Wir riefen ihn an und er kam mit vielen Disketten vorbei. Und einem Programm namens NCOMM. Damit zeigte er uns, wie es geht und wie wir uns in seine Mailbox einloggen konnten. Jetzt packte mich das Fieber!

Ich sah Mailboxwerbung und Boxenlisten an. Ich loggte mich in zig Mailboxen ein - schrieb Mails, bekam Antworten und wußte: Das ist genial!

Bald brauchte ich eine Festplatte. Also bin ich zu BBM-Datensysteme gefahren und habe mir einen Controller mit 127 MB Festplatte gekauft. Da kam die Workbench drauf und NCOMM. Nun ging es viel flotter. Ich lernte Micro kennen - er hatte auch eine Mailbox, die Red-Zone. Das System lief auf einem PC und hieß "Alphabox". Ich suchte nach einem Mailbox-System für den Amiga und wurde fündig. Allerdings klappte der Download nie - ständig Abbrüche und Fehler. Ich fuhr also mit Bus und Bahn einmal quer durch Berlin zu Micro und holte es mir persönlich ab. Als ich zurückfuhr, war es bereits tief in der Nacht. Die U-Bahn war zu. Also musste ich mit dem Nachtbus fahren - 5 Stunden! Zum Glück hatte mir Micro die Dokumentation ausgedruckt so konnte ich während dieser Zeit alles lesen. Als ich ausstieg, wußte ich alles ohne jemals das System im Einsatz gesehen zu haben :)!

Das System hieß PHOBOS und ließ mich als SYSOP rein - was für ein Gefühl! An diesem Tag ging ich morgens um 9 ins Bett. Den Computer und das Modem ließ ich an.

Um 13 Uhr konnte ich nicht mehr schlafen. Ich hatte ja eine Mailbox! Ich was Sysop! Da kann man nicht einfach schlafen! Ich stand auf und schaute auf den Screen. Ich hatte eine Nachricht:

NEUER USER

Es war Micro. Er hatte sich eingeloggt, sich angemeldet und eine Nachricht hinterlassen. GEIL - mein erster User! Ich fing an, Bretter einzurichten und stieß bald auf Grenzen. PHOBOS war ein Demosystem und ließ nur 10 User und 10 Bretter zu. Davon waren 7 System-User und 6 System-Bretter, die man weder löschen noch verändern konnte. Da war nichts viel zu machen. Ich wollte doch Sysop werden!

Zu dieser Zeit hatte ich dann einen Unfall. Viele Monate war ich krankgeschrieben. Durch die kleine Miete hatte ich ausreichend viel Geld auf dem Konto und jede Menge Zeit. Ich ging also zu Karstadt, um mir einen Mega-Geilen PC zu kaufen - wenn schon, denn schon! Ich kaufte einen OKANO - einen 486DX33 mit 107 MB Festplatte und 4 MB RAM. Dazu noch ein Modem - ein TKR 1496, 16 MB RAM und eine SCSI Seagate-Festplatte mit doppelter Bauhöhe und 1.07 GB Speicherplatz. Zu der Zeit war das absolut enorm!

Auf dem neuen PC installierte ich DOS und die Alphabox. Geboren war die IRON-BBS. Ich interessierte mich für Netze (Fido, ZNetz, Maus etc...). Ich konnte nicht genug davon bekommen! In Berlin gab es allerdings kaum Mailboxen, die soviele Netze hatten wie ich haben wollte. Durch Zufall sah ich die Werbung einer Alphabox in MARL, die "Happy" die viele Netze hatte. Ich kontaktierte den Sysop und wir haben uns auf Anhieb gut verstanden - Hallo Markus! Ich pollte seine Netze nach Berlin. Nach kurzer Zeit hatte ich so viele Netze, dass mich andere Berliner Mailboxen anzucallen begannen, um Netze zu beziehen. Es war besser alles aus einer Box zu holen, anstatt mehrere Boxen anrufen zu müssen. Ich hatte nun zwar nur eine Handvoll User, dafür aber eines der wichtigsten Gates in Berlin, was Netze betraf.

Nach einem argen Crash (nicht das erste, aber das schlimmste Mal) waren alle Daten wieder weg. Das Problem bei Alphabox war, dass man alle Bretter von Hand eingeben musste. Und das waren mehrere Tausend! Das hieß mehrere Tage harte Arbeit. Markus kam nach Berlin und half mir, die Netze wieder einzurichten. Dabei habe ich ein neues Konzept durchgeboxt: Alle Netze und vieeele Files! Die Box sollte auch unter einem neuen Namen starten: Das Software Paradise.

Ich saugte nächtelang alle Mailboxen leer und stellte die Files bei mir in die Bretter. So konnte ich den Usern etwas bieten und das zahlte sich aus. Schon nach kurzer Zeit hatte ich jede Menge User und war ein wichtiger Knotenpunkt für die Verteilung von Netzen.

Eines Tages loggte ich mich in die PRIVATE JUNGLE ein - Hallo Baggi! Ich sah, dass er mehrere Ports hatte. Das bedeutete, dass sich mehrere Benutzer gleichzeitig in der Box befinden konnten. Das war cool! Bei der Telekom bestellte ich mir drei weitere Leitungen. Dazu kaufte ich mir noch ein Zyxel E+. Ich hatte nun 2x 14.400 und einen 2400-Baud Port.

Da DOS kein Multitasking beherrschte, fing ich mit OS/2 an. Das lief ganz gut, war auf meinem Rechner jedoch recht träge. Dazu kam, dass das System immernoch sehr anfällig war. Dann passierte es ein weiteres Mal: Ein Boxencrash: Alle Daten weg! Ich hatte keine Lust mehr. Aber ich wollte eine Box! Also was tun?

Nach vielen Diskussionen mit Freunden ließ ich mich überreden, mir das Mailbox-System AMMS einmal anzuschauen. Ich war zuerst nicht begeistert davon. Es sah anders aus - und lief auf einem AMIGA. Ich hatte nur einen A500, dafür aber einen schnellen PC.

Dennoch fuhr ich zu Baghira, dem System der Private Jungle. Er hatte das AMMS-System und kannte die Programmierer- Adrock und Fastman. Ich bezahlte 100 DM für das System und fuhr nach Hause. Mit wenig Elan und einem unguten Gefühl.

Die Installation verlief gut und ich konnte mich einloggen und einen Port hochfahren. Die Ports 2 und 3 funktionierten jedoch nicht. Das lag daran, dass ich nur 512 kB RAM hatte. Ein Freund, Red Wizard, kam auf eine Idee: Er kannte jemanden, der einen umgebauten Amiga 2000 besaß - im Towergehäuse, mit 2 MB RAM. Er würde in Kürze in Urlaub fahren - vielleicht würde er uns seinen Computer ja für die Zeit borgen?

Es kam besser als gedacht. Der Typ meinte, er wolle den Rechner eh nicht mehr haben, weil er ihm zu groß war. Er überlege sich, ob er nicht lieber einen A500 kaufen sollte. Ich fragte ihn, ob er nicht einfach tauschen wolle - seinen A2000 gegen meinen A500 Plus. Er sagte zu!

Ich musste mir noch einen SCSI-Controller kaufen, meine Platten einbauen, das System installieren. Nach einigen Stunden war die Arbeit getan. Ich schaltete ein und... alle Ports fuhren hoch!

Wie es so war, habe ich bei jedem Neubeginn den Namen der Box geändert. So auch diesmal. Allerdings fiel mir zunächst kein Name ein. Das "Paradise" gefiel mir ganz gut und nach diesem ganzen verrückten Hin und Her mit dem PC, dem Amiga 500 und dem A2000 war der neue Name klar: Die CRAZY PARADISE.

Nun fing alles erst so richtig an: Ich habe mich mehr und mehr in das neue System eingearbeitet und mich damit vertraut gemacht. Auch die User kamen mit dem System wunderbar klar.

Das Chatten kam immer mehr in Mode. Ich bestellte also noch 4 Ports und bestückte sie mit 2400-Baud Modems. 7 Ports! Die Crazy Paradise wurde schnell bekannt und erlebte einen großen Ansturm. Und so rief ich schon bald wieder bei der Telekom an, um weitere 8 Ports zu bestellen. Wieder mit 2400-Baud Modems. Ich hatte nun 15 Ports und die waren mehr oder weniger gut belegt. Das Softwareangebot wurde immer größer und war immer aktuell.

Dann passierte etwas, dass die Mailboxszene und das Leben der Crazy Paradise schlagartig verändern sollte: Die bis dahin größte und beliebteste Berliner Box - der Private Jungle - machte dicht. Von einem Tag auf den anderen saßen 100erte User vor ihren Screens und bekamen keinen Connect mehr. Schnell sprach sich herum, dass die Crazy Paradise dasselbe System benutzte wie der Private Jungle. Und dass sie 15 Ports hatte. Der Ansturm auf die CP war so enorm, dass die 15 Ports nicht mehr ausreichten. Und so bestellte ich bei der Telekom weitere 6 Ports - nun hatte ich 21. Ich kaufte von Baghira alle Modems, um die neuen Ports zu belegen. Damit begann die schönste Zeit der Crazy Paradise. Eine nahezu 24-stündige Auslastung aller Ports, mehrere hundert Anrufe am Tag und etwa 1000 User - davon mehr als 700 aktiv.

Man muss dazu sagen, dass die 2 MB RAM des Amiga das nicht mitmachten. Es gab inzwischen eine Turbokarte mit 16 MB. Hinzu kam, dass der A2000 langsam seinen Geist aufgab. Ich entschloss mich also, einen neuen Rechner zu kaufen. Einen Amiga 3000 Tower. In diesem "wohnte" die Crazy Paradise bis zu ihrem Ende.

Nun... die Crazy Paradise war enorm beliebt. Das war schön - aber auch arm. Die Telekom hatte ihre Preise erhöht und ich hatte 22 Telefonleitungen zu bezahlen. Von denen kostete jede 25 DM Grundgebühr im Monat. Insgesamt 550 DM, von den Telefonkosten ganz zu schweigen. Dazu kam ständig neue Hardware, Kosten für den Strom und so weiter. Das Geld war schneller weg, als ich mit den Augen blinzeln konnte.

Ursprünglich wollte ich nie Geld für meine Mailbox haben. Ich kam jedoch bald an einen Punkt, an dem es nicht mehr anders ging. Also fragte ich meine User, ob sie mit einem monatlichen Beitrag von 1 DM einverstanden wären. Damit hätte ich ca 800 DM im Monat und das hätte viele der Kosten getragen, vielleicht sogar einen weiteren Ausbau ermöglicht. Doch eine Gebühr wollten viele User nicht bezahlen. Einige spendeten zwar- 10 DM, 20 DM... so kahmen ca 120 DM einmalig zu stande, doch das reichte bei Weitem nicht. Ich arbeitete nur für die Mailbox, und das im doppelten Sinn: Einmal des Geldes wegen und zusätzlich in meiner Freizeit. Und dennoch ging es nicht weiter.

Bald wurde mir der Strom abgeschaltet, weil ich ihn nicht mehr bezahlen konnte. Mit der Miete war ich weit im Verzug und auch von der Telekom kamen nur noch Mahnungen. Das Internet kam auf und CompuServe und AOL begannen, mit 50 Freistunden zu werben. Das Internet war somit nartürlich VIEL interessanter. Ich musste die Box zwangsweise verkleinern: Auf 8 Ports.

Ich wollte wieder versuchen mit einen grossen Netz angebot die User auf mich zu ziehen, doch AMMS war kein grossartig Netzfreundliches System. Also musste ich ein neues System installieren: CNET.

Die Crazy Paradise war tot - geboren war die Insanity - eine Box mit 8 Ports, wenigen Usern und einem sehr angeschlagenen Sysop.

1996 mußte ich zur Bundeswehr und war nur noch am Wochenende zuhause. Ich sah, dass die 8 Ports der Box nicht ausgelastet waren. Ich verkleinerte nochmals auf 4 Ports, doch das brachte alles nix. Da Shadow aber seine Outside World noch am laufen hatte haben wir unsere Hardware zusammengeschaufelt.

Somit war das ende der Crazy Paradise besiegelt. Der umstieg auf CNET und das Internet haben es so zielmich alles versaut :(

Mir und anderen Ehemaligen ging es jedoch so, dass wir ab und zu an die schöne gemeinsame Zeit dachten. Die Zeit der Crazy Paradise. Shadow, damals mein Co-Sysop, hatte bereits die Domain "Crazy-Paradise.de" registriert. Hier wollten wir die Box wieder aufleben lassen. Im Gedächtnis an die alte Zeit...

Nun ja .. das die Paradise heute wieder habe ich euch zu verdanken, da ihr die Box heute wieder annehmt und Callt ..

Über die Auferstehung der Paradise berichte ich woanders.. Danke ..