:: User Stories - CLiP ::


Meinen ersten Kontakt mit Computern hatte ich noch zu Zeiten der DDR, damals noch ein "blühendes und prosperierendes Land", dessen Lauf weder Ochs noch Esel, jedoch, wie sich später herausstellen sollte, das eigene Volk aufhalten würde. Computer waren nicht weit verbreitet, was zum einen an ihrer geringen Verfügbarkeit, zum anderen an ihrem unerreichbar hohen Preis lag (ein Computer, der vergleichbar war mit einem abgespeckten PC AT 286 kostete vor 1990 etwa 5000 Mark. Im Vergleich dazu belief sich das monatliche Durchschnittseinkommen auf etwa 900 Mark). Dennoch kam ich während meiner Schulzeit in den Genuß, ein solches technisches Wunderwerk in Aktion bestaunen zu dürfen. Ich muß in der 7. Klasse gewesen sein, als wir anläßlich eines Wandertages einen Ausflug in das elektronische Rechenzentrum unseres Krankenhauses unternahmen, in welchem sich drei enorme, grau-grüne, summende Computer befanden. Jeder von ihnen war mit einem grün-monochromen Monitor ausgestattet, die ehrfurchtseinflößend flimmerten. Voller Stolz ermutigte uns einer der Angestellten, doch ein paar Zeilen auf der Tastatur zu tippen, um diese dann auf damals hochmodernen A3-Nadeldruckern auszugeben. Ein recht... interessantes Erlebnis, aber nicht genug, um mich wirklich in den Bann zu ziehen.

Jahre später erhielt einer meiner damaligen besten Freunde einen Commodore C64 geschenkt, der bereits 16 Farben auf einem Fernsehbildschirm darstellen und einfache Grafiken ausgeben konnte. Auf diesem Computer lief unter anderem ein Abenteuerspiel, bei dem es darum ging, auf einem Kreuzfahrtschiff einen Mord aufzuklären. Ein interaktiver Film, wenn auch etwas einfach dargestellt. Das war faszinierend!

Etwa 5 Jahre später sollte die Mauer fallen und uns "Ossis" stand die gesamte Konsumwelt des Westens offen. Zu dieser Zeit gab es eine recht populäre Fernsehserie um eine Art wissenschaftlichen Indiana Jones, der ständig damit beschäftigt war, nur mit einem schweizer Messer und einer Büroklammer bewaffnet, brave westliche Wissenschaftler aus den Fängen korrupter russischer Tunichtgute zu befreien. In einer Folge dieser Serie saß besagter Held an einem Computerterminal und - daran erinnere ich mich als wäre es gestern gewesen - meinte, mit Hilfe dieser Maschine könne er jede Büroklammer ausfindig machen, die sich im Gebäude befände. Was für eine Macht! Was für Möglichkeiten würden sich mir auftun, wenn ich ebenfalls einen Computer hätte! Was für eine Unmenge an Wissen stünde mir zur Verfügung. Ich musste einen Computer haben! Völlig unbelastet mit unnötigem Fachwissen schnappte ich mir einen Versandhauskatalog und bestellte einen Computer der neuesten Bauart und einen Monitor. Es war ein PC AT 286 mit 16 Megahertz, 1 MB Arbeitsspeicher und 20 MB Festplatte. Dazu einen Farbmonitor von Commodore. Commodore war mir bekannt, kam mir gut vor und ich hatte nicht die geringste Ahnung, weshalb er nicht an meinen neuen Computer passen wollte. Daß es mehrere verschiedene Computersysteme gab, die sich gegenseitig nicht verstanden, erfuhr ich erst viel später. Es war Winter und es lag Schnee. Mit einem Schlitten verfrachtete ich den unbrauchbaren Monitor zurück zur Post und bestellte mir einen neuen, passenden. Nun konnte es also losgehen!

Nur: Los womit? Und vor allem, wie?

Die Personal Computer der damaligen Zeit liefen unter DOS (Disc Operating System), einer textbasierten Oberfläche, wenn man so will. Grafische Benutzeroberflächen wie Windows gab es zwar vereinzelt, waren jedoch nicht sehr verbreitet. Also mußte dem Computer alles in recht umständlichen Befehlen mitgeteilt werden. Ich hatte nicht einmal eine Ahnung, wie ich Daten von einer Diskette lesen oder darauf schreiben sollte. Ein Buch mußte her und ich las mich in die Geheimnisse von "dir", "format", "delete" und "copy". Nach einer Weile funktionierte das auch ganz gut und immer mehr Software tummelte sich auf meiner winzigen Festplatte, die - für damalige Verhältnisse - über die enorme Kapazität von 20 Megabyte verfügte. Mein erstes Spiel war "Donkey Kong", in Basic geschrieben, unter DOS, mit lausigem PC-Speaker Sound und pixeliger Grafik. Doch mit stundenlangem Spielspaß. Andere Spiele kamen hinzu, Textprogramme, Zeichenprogramme und vieles mehr. Doch alles was ich aus dem Computer herausholte, mußte ich vorher hineintun. Entweder von Hand eingeben oder von Disketten laden. Wo war all das neue Wissen? Wo die geheimnisvollen Informationen?

"In Mailboxen", lautete die Antwort eines Freundes, mit dem ich damals zusammen arbeitete. "Alles was du brauchst ist ein Modem," sagte er, erntete ein verständnisloses Nicken und erklärte: "Mailboxen sind andere Computer, irgendwo in Deutschland, in die du dich mit einem Modem einwählen kannst. Dann kannst die Informationen auf diesem anderen Computer lesen und auf deinen eigenen Computer kopieren."

Hier also lag der Hund begraben. Natürlich! Zwei Computer miteinander verbinden! Ich hatte keine Ahnung, wovon er redete. Oder wie das Ganze aussehen sollte. Also nahm er mich eines Tages zu sich nach Hause, wo er mir zeigte, wie man sich mit einem Kommunikations-Programm in einen anderen Computer einwählte. Auf seinem Tisch stand ein kleiner schwarzer Kasten mit einer Menge blinkender Lichter. Das Modem. Als es sich in eine Mailbox einwählte, fiepte und zischte es nervtötend - ein Geräusch, daß ich schnell liebgewinnen und das mich über Jahre begleiten sollte. Ich sah zu, wie man E-Mails - Nachrichten von anderen Leuten - lesen und beantworten konnte, wie man sich Neuigkeiten von sogenannten "Brettern" holte und Software auf die eigene Festplatte kopierte. Das schlug jedes Spiel um Längen. Nichts, was ich vorher mit meinem Computer getan hatte, kam diesem Abenteuer gleich!

Wenig später erwarb ich das 2400-Baud-Modem meines Freundes, da er sich ein schnelleres zugelegt hatte. Die damaligen Übertragungsgeschwindigkeiten bewegten sich zwischen 2400 und 19.200 Baud. Das waren maximal 19.200 Kilobit, die pro Sekunde über eine Telefonleitung übertragen werden konnten. Das entsprach etwa 2000 Bytes, also Zeichen - Buchstaben oder Zahlen. Mit dieser Geschwindigkeit dauerte die Übertragung einer 1MB großen Datei etwas mehr 10 Minuten (es sei denn, der Download wurde wegen Störsignalen abgebrochen). Mein 2400-Baud Modem war achtmal langsamer, die Übertragung einer 1MB großen Datei hätte also fast 1 1/2 Stunden gedauert. Im Vergleich dazu leisten die heutigen Modems zwischen 54.000 kBit und 1 Megabit pro Sekunde. Eine Datei von 1 MB Größe von einem anderen Computer herunterzuladen, ist also wirklich nur noch eine Sache von Sekunden. Doch die damaligen Modems reichten aus, um in Mailboxen Informationen abzurufen.

Damalige Mailboxen besaßen eine Oberfläche, die aus ASCII- oder ANSI-Grafiken bestand. Das waren Grafiken, die nicht aus Pixeln, sondern aus bunten Buchstaben und Sonderzeichen zusammengesetzt waren, die so wirkten, als ergäben sie ein Bild. Sie waren also nur ein Trick, um aus möglichst wenig Daten möglichst viel Effekt zu schlagen. Die üblichen Mailboxen hatten drei große Bereiche: Den Dateibereich, in dem Software zum Herunterladen zur Verfügung gestellt wurde, den Message-Bereich, in dem sich die "schwarzen Bretter" zu verschiedensten Themen befanden, und einen Chat-Bereich, in welchem man sich mit anderen Benutzern, wenn es denn welche gab, in Echtzeit über die Tastatur unterhalten konnte.

Echtzeit bedeutete, daß ein Satz, den man am eigenen Rechner eingab, sofort auf dem Bildschirm des Gegenüber erschien und er darauf antworten konnte. Man konnte zwar auch in den schwarzen Brettern Nachrichten austauschen und lange Gespräche führen, doch mußte man dort warten, bis der Andere sich eingewählt, seine Nachrichten abgerufen und seine Antwort ins entsprechende Brett gestellt hatte. Zwischen den einzelnen Antworten konnten so also Stunden oder gar Tage vergehen, je nachdem, wie häufig der Gesprächspartner die Mailbox besuchte. Es kam vor, daß man in der Zwischenzeit den Faden verlor und man vergessen hatte, was man in der vorherigen Nachricht geschrieben hat. Das "Quoten" setzte sich durch. Man ließ den Originaltext der Nachricht stehen und fügte einfach seinen eigenen Kommentar hinzu. Auf diese Weise enthielt die Nachricht die vollständige Konversation, vom ersten Tag an, und man konnte sich stets ins Gedächtnis rufen, was wer an welchem Punkt gesagt hatte. Das "Quoten" erleichterte den Austausch von Nachrichten also enorm und hat sich bis heute erhalten.

Bei den Chats gab es die verschiedensten Versionen. Es gab private Chats zwischen nur zwei Personen, in die auch keine weitere Person (abgesehen vom SysOp) eintreten konnte und gab öffentliche Chat-Räume, in denen sich beliebig viele Personen gleichzeitig aufhalten konnten.

Beliebig viele hört sich aus heutiger Sicht sehr viel an - in heutigen IRC Räumen ist es nicht selten, daß man bis zu hundert Personen gleichzeitig antrifft. Das liegt daran, daß ein IRC-Chatraum von jedem internet-fähigen Rechner der Welt aus erreichbar ist. Zur Zeit der Mailbox-Systeme war das anders: diese mußten stets direkt angewählt werden. Wenn ein Benutzer aus Berlin an einem Chat in einem Mailbox-System in Stuttgart teilnehmen wollte, mußte er den entsprechenden Rechner direkt anrufen, also eine Rufnummer in Stuttgart wählen, die zu einem der Modems des Mailbox-Systems gehörte. Das verursachte natürlich enorme Kosten, so daß die Benutzer einer bestimmten Mailbox meist lokal begrenzt waren. Ein weiterer Punkt ist, daß für jeden Benutzer der Mailbox ein Modem benötigt wurde. Sollten 5 Benutzer die Mögklichkeit haben, sich gleichzeitig im System anzumelden, mußte der Rechner über 5 Modems, 5 Modem-Ports und natürlich 5 Telefonleitungen verfügen. Daher war auch die Anzahl der Online-User bei den meisten Boxen begrenzt. Die meisten großen Mailboxen hatten zwischen 5 und 10 Ports, d.h. Rufnummern. Es konnten sich also maximal 5 - 10 Benutzer gleichzeitig im System aufhalten.

Trotz der hohen Kosten waren Chats damals bereits sehr beliebt. Der populärste Bereich einer Mailbox war jedoch stets der Download-Bereich. Dieser war unterteilt in die verschiedenen Computer-Systeme (zumeist Amiga, Apple und PC, oft auch noch Atari, Acorn und andere), sowie in die verschiedenen Arten von Software (z.B. Online Software, Offline Mailreader, Spiele, etc.). Oft gab es auch einen Bilder-Bereich, der wiederum unterteilt war in einen jugendfreien Bereich und einen Bereich "ab 18". Letzterer erfreute sich zumeist auch sehr großer Beliebtheit.

Der Rang eines Mailbox-Systems richtete sich zum einen danach, wieviel Software sie zur Verfügung stellte und wie aktuell diese Software war. Je mehr neue Software verfügbar war, desto sicherer war es, daß sich viele Benutzer hier versorgen würden. Um sicherzustllen, daß die Benutzer einer Mailbox nicht nur Software herunterladen, sondern auch Software zur Verfügung stellen, gab es in den meisten Mailbox-Systemen ein sogenanntes Download-Ratio. In den meisten Fällen war dieses Ratio 1:3. D.h., für jedes hochgeladene Programm konnte der Benutzer sich drei andere Programme herunterladen. Die hochgeladene Software wurde dabei nicht nur auf Viren, sondern auch auf Aktualität überprüft. War die Version zu alt oder bereits vorhanden, wurde der Upload dem Benutzer nicht gutgeschrieben und er mußte sich noch einmal bemühen.

Ein anderes Bewertungskriterium war der Umfang der Nachrichtenbretter (schwarze Bretter). Bereits zu Beginn der Online-Welle, Mitte der Achziger Jahre, gab es große Netzwerke, über welche Nachrichten zwischen verschiedenen Mailbox-Systemen ausgetauscht wurden (Fido-Net, BerliNet, etc.). Der Austausch von Nachrichten über diese Netzwerke war allerdings ungleich komplizierter als heute. In vorher zwischen den Betreibern vereinbarten Intervallen rief ein Rechner beim nächstliegenden System an und sendete ihm alle neu erstellten Nachrichten aus den eigenen schwarzen Brettern. Danach wurden alle neuen Nachrichten vom angerufenen System heruntergeladen und in die entsprechenden Bretter abgelegt. Der angerufene Rechner wiederum rief zu einem späteren Zeitpunkt ein drittes System an, um mit diesem Nachrichten auszutauschen und so weiter. Auf diese Weise wurden alle neuen Nachrichten von einem System zu anderen weitergereicht und verteilten sich so über das gesamte Netz. Bereits damals gab es in diesem Netzwerk lokale, also auf einen Ort begrenzte, Nachrichtenbereiche, als auch internationale Bereiche. Da die Nachrichten jedoch nicht in Echtzeit, sondern nur einmal am Tag von einem Rechner zu einem anderen ausgetauscht wurden, konnte es durchaus einige Tage dauern, bis eine neu erstellte Nachricht in einem internationalen Brett von einem Benutzer in Tokio gelesen werden konnte. Hatte ein Benutzer spezielle Interessen, die er in einem dafür vorgesehenen schwarzen Brett diskutieren wollte, mußte er sich ein Mailbox-System einwählen, daß dieses Brett zur Verfügung stellte, denn nicht alle Mailbox-Systeme verfügten automatisch über alle Bretter - der Aufwand zur Aktualisierung wäre vielen zu kosten- und arbeitsaufwändig gewesen. Je mehr Bretter also eine Mailbox zur Verfügung stellte, desto einfacher war es für die Benutzer und die Mailbox wuchs in ihrer Attraktivität.

Mailbox-Systeme waren zumeist privat betriebene Anlagen, die über keinerlei Werbeetat verfügten. Als Außenstehender ahnte man nichts von ihrer Existenz und demzufolge war es nahezu unmöglich, eine Mailbox zu finden, es sei denn, man kannte jemanden, der über eine Rufnummernliste für verschiedene Mailboxen verfügte. Diese Listen wurden ständig aktualisiert und weitergereicht.

"Meine" erste Mailbox nannte sich "Society" und befand sich außerhalb von Berlin. Dieser Umstand und meine Neugier für dieses neue Abenteuer sorgten dafür, daß sich meine erste Telefonrechnung auf über 1.000 DM belief. Und das war kein Einzelfall. Online zu gehen war etwas schon fast elitäres, Mailbox-Benutzer waren so etwas wie Freaks, die keine Kosten scheuten, um ihrem Hobby zu fröhnen. Und auf’s Geld durfte man wahrhaftig nicht schauen. Dieser Umstand hatte allerdings auch einen gewaltigen Vorteil - er trennte die Spreu vom Weizen. Man konnte sich darauf verlassen, daß, wen auch immer man in einer Mailbox antraf, dieser Benutzer zumindest teilweise über die gleichen Interessen und eine ähnliche Lebenseinstellung verfügte, wie man selbst. Je öfter und je länger man online war, desto dringender wurde allerdings die Suche nach einer lokalen Mailbox, um die Kosten zumindest in einem übersichtlichen Rahmen zu halten. Deshalb machte auch ich mich auf die Suche nach Mailboxen in Berlin und wurde fündig. Eine der populärsten Berliner Mailboxen in dieser Zeit war die "Private Jungle", die von einem SysOp namens Baghira geführt wurde. Sie lief auf einem Amiga, benutzte das sehr benutzerfreundliche Mailbox-System AMMS, hatte bis zu 10 Ports und jede Menge Benutzer. Hier gewöhnte ich mich an AMMS, die verschiedenen Chats und die Handhabung der Nachrichtenbretter.

Mailbox-Systeme waren selten wirklich stabile Einrichtungen. Der Unterhalt einer Mailbox war ein Vollzeit-Job, der meist von einer Person, dem SysOp, abends nebenbei gehandhabt wurde. Der SysOp war in der Regel auch der Eigner der Box, die meist irgendwo in einem Zimmer seiner Wohnung lief. Er stellte die Hardware und die Leitungen zur Verfügung und er machte die Regeln, an die sich jeder Benutzer zu halten hatte. Unter Benutzern von Mailbox-Systemen gab es eine "Netiquette" - geschriebene und ungeschriebene Regeln, die das Miteinander erleichterten. So waren rassistische, sexistische und beleidigende Nachrichten untersagt und konnten zum Ausschluß aus der Gemeinschaft führen. Ebenfalls untersagt (zumindest in den meisten Fällen) war das Hochladen von copyright-geschützter Software und bestimmter Bilder. Die Überwachung dieser Netiquette wäre für eine Person natürlich nicht durchführbar, deshalb standen dem SysOp einige Co-SysOps zur Seite, die wiederum für die Brettverwalter verantwortlich waren. Jeder Brettverwalter kümmerte sich um einen bestimmten Themenbereich, las alle neuen Nachrichten und sortierte jene aus, die gegen die Netiquette verstießen. Er verwarnte die entsprechenen Benutzer und beantwortete Fragen. Sogenannte Fileverwalter kümmerten sich um die Dateibretter, also jene Bereiche, in denen Software zur Verfügung gestellt wurde. Dateien wurden von ihm auf Viren und auf Aktualität geprüft und der Upload den entsprechenden Benutzern gutgeschrieben. Besaß eine Datei keine Beschreibung, wurde sie vom Fileverwalter hinzugefügt und sichergestellt, daß jedes Programm im passenden Bereich untergebracht war. Der Fileverwalter sortierte auch alte Dateien aus, denn die Festplattenkapazität war für heutige Verhältnisse sehr gering. In den wenigsten Fällen ging sie über 1 Gigabyte hinaus.

Die Arbeit als Fileverwalter, Brettverwalter oder Co-SysOp war natürlich ehrenamtlich, wurde jedoch mit einigen Privilegien entlohnt. Das waren unter anderem unbegrenzte Online-Zeit, Wegfall des Download-Ratios und dergleichen. Neben dem "Coolness-Faktor" waren es diese Privilegien, die bewirkten, dass es für keinen SysOp ein Problem war, bereite Mitstreiter zu finden.

Zu dem Arbeitsaufwand, mit dem eine Mailbox verbunden war, kamen natürlich auch die Kosten, die meist vom SysOp allein getragen wurden. Es gab zwar einige Versuche, Nutzungsgebühren für Mailbox-Systeme zu erheben, diese setzten sich allerdings nicht durch. Für einen bestimmten monatlichen Betrag konnten sich Benutzer jedoch von Einschränkungen "freikaufen". Zahlende Benutzer hatten z.B. kein Download-Ratio, d.h. sie konnten sich unbegrenzt mit Software versorgen, ohne daß sie im Gegenzug Software in die Mailbox schicken mußten. Dennoch deckten die Erträge aus solchen "Premium Accounts" bei weitem nicht die Kosten für den Betrieb der Mailbox. Da waren zum Einen die Telefonleitungen, die bezahlt werden wollten, zum anderen liefen die Rechner Tag und Nacht auf Hochtouren, was sich auf den Stromverbrauch auswirkte. Ständig mußten Teile der Hardware ausgetauscht oder aktualisiert werden. Man mußte also wirklich Idealist und in der Lage sein, diese Kosten zu tragen. Viele Mailboxen hielten sich daher nur einige Jahre, um dann wieder zu verschwinden. Und so erging es auch dem Private Jungle. Eines Tages wurden die Modems abgeschaltet und die Box ging offline. Die Benutzer, die bereits eine feste Gemeinschaft gebildet hatten, gingen meist in Gruppen zu anderen, ähnlichen Mailbox-Systemen über. Eine davon war ein ganz neues System - die "Crazy Paradise" mit Iron als SysOp.